Während man in Europa noch damit beschäftigt ist, das Geschäftsmodell Wirecard zu hinterfragen ist man in Asien schon einen Schritt weiter. Hier formt sich gerade ein anderes Bild des Zahlungsabwicklers. Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr, Risikomanagement sowie die Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten waren augenscheinlich nur vorgeschobene Aktivitäten des ehemaligen Dax-Unternehmens. Geblendet von angeblichen Erfolgsgeschichten ging die gesamte Geldelite nebst Anleger und Investoren den Betrügern auf den Leim.

Welches Potenzial in Zahlungsabwicklungen von Glücksspiel und Pornoanbietern steckt, hatten offensichtlich nur die Wirecard Vorstände im Fokus. Bezahldienste derartiger Aktivitäten entfalten eine Flut von sensiblen Daten der Nutzer, die bei richtiger Anwendung gewinnbringend in Bares umgesetzt werden können. Verraten die Daten doch viel über Bewegungsmuster und Gewohnheiten der User. Galanter Nebeneffekt, je elitärer die Kreise der Benutzer, umso besser kann man erhobene Daten nutzen. So manches dunkles Geheimnis des Jet-Sets haben schon ganze Regierungen aus den Angeln gehoben. Wen wundert es dabei das Wirecard sowohl Kritiker als auch die eigenen Mitarbeiter systematisch überwachen und einschüchtern ließ! 2007 wurde Wirecard Asia Pacific in Singapur gegründet. 2010 wurde Jan Marsalek als COO ernannt und war fortan für das Asien Geschäft zuständig. Was qualifizierte ihn für diesen Job? Bei genauerer Betrachtung offensichtlich seine Affinität zu geheimen Gesellschaften. Macht, Geld und Daten sind die goldene Guanxi-Formel in asiatischen Elitekreisen und öffnen Türen in ungeahnte Dimensionen. War Jan Marsalek der Mann für das Grobe? Fakt ist, dass es nach 2010 es in Asien zahlreiche kritische Fragen zu Wirecard vonseiten der Presse gegeben hat. Journalistische Kreise berichten über Drohbriefe und zahlreiche Einschüchterungsversuche. Hintergrund waren Recherchen, nachdem aufgefallen war, dass sich der COO mit diversen Vertretern verschiedener ausländischer Dienste getroffen haben soll. Aufschluss über die Aktivitäten des Topmanagers könnten CCTV-Aufnahmen und Befragungen von Hotelpersonal zu möglichen Treffen Marsaleks geben. Hier liegt auch der Fokus der derzeitigen Ermittlungen asiatischer Behörden, so ein Insider.

Marsalek selber ist im weltweiten Corona-Wirrwarr untergetaucht und nutzt die Gunst der Stunde. Jedoch auch sein Bewegungsradius dürfte erheblich eingeschränkt sein. Zu groß ist die Gefahr erkannt zu werden. Weltweit suchen die Behörden nach ihm und seine Bilder sind international bekannt. Parallel dazu muss M. jederzeit einkalkulieren selber Opfer von Kriminellen und Denunzianten mit finanziellen Interessen zu werden. Verräter könnten das Versteckspiel sehr schnell beenden. Alles nur eine Frage der Zeit. Aber soll er überhaupt gefunden werden? Die Lawine danach wäre für Eliten eine Katastrophe zumal tausende unangenehmer Fragen und Heimlichkeiten auf den Tisch kämen. Mit Sicherheit gibt es Kreise die diese Möglichkeit verhindern wollen. Kommunikation über das Darknet, geschützt von Gruppen solange die Person Marsalek wertvoll erscheint. Und wenn nicht mehr? Nicht gerade der perfekte Traum eines erfüllten Lebens.  Man könnte den COO schon fast bedauern, aber das ist der Preis, wenn man in die Annalen der Top-Spione eingehen möchte.