Als stiller Problemlöser erlebt man oft Höhen und Tiefen. Dramen und Abgründe von Klienten gehören eigentlich zum Alltag. Secret Krisenmanagement ist mit unter ein hartes Brot. Sicherlich die Mitarbeiter sind abgehärtet und viel gewöhnt jedoch nicht immer alles geht spurlos an einem vorbei. Mit unter gibt es Situationen die auch die härtesten unserer Zunft an die Grenzen bringt. Viele Mandanten der ManagerSOS sind im Laufe der Zeit mehr als nur einfach Kunden geworden. Vertrauen und tiefe Freundschaften sind entstanden. Vor 2 Tagen um 3.25 Nachts hat uns eine E-Mail erreicht, die uns schockiert und tief traurig gemacht hat. Ein ehemaliger Kunde und guter Freund hat sich aus Verzweiflung im Zuge der Covid-19 Krise das Leben genommen. In dem Abschiedsbrief wandte er sich mit der Bitte an uns seine letzten Worte zu veröffentlichen. Dieser Bitte kommen wir, auch wenn sie ganz persönlich ist und normalerweise der Geheimhaltung unterliegt trotzdem gerne nach. Man kann in unserem Beruf nicht immer gewinnen.

Lieber S…
zunächst einmal vielen Dank für die jahrelange Freundschaft und Hilfe. Du und euer Team ihr wart immer für mich da, wenn es mal wieder brannte. Dafür danke ich euch von Herzen. Leider bin ich jetzt an eine Grenze gestoßen, deren Ausweg ich alleine gewählt habe. Seid mir nicht böse, dass ich euch nicht um Hilfe gebeten habe. Ich weiß, vielleicht hätten wir es mal wieder geschafft aber mir selber fehlt die Kraft dazu weiterzumachen. Ich bin müde und ich will nicht mehr. Die letzten Monate haben mir alle Reserven genommen und ich bin gleichermaßen traurig und wütend. Bereits im Juni war klar das unsere Lieferanten nicht mehr fristgemäß liefern konnten. Ich habe daraufhin 220 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und Hilfe beantragt. Hilfe die leider erst viel zu spät angekommen ist. Die Durchhalteparolen gegenüber meiner Mannschaft habe ich zum Schluss nur noch als Lüge empfunden. Was sollte ich sagen? Die Wahrheit? Ich habe es nicht über das Herz gebracht den Leuten mitzuteilen das sie ihren Arbeitsplatz verlieren und das es nach der Homeoffices keine Wiederkehr mehr gibt. Ich habe mich geschämt deren Existenz kaputtzumachen. Die letzten Gehälter habe ich teilweise aus meinem Privatvermögen finanziert da die Bank die Kreditlinie nicht mehr erweitern wollte. Klar, Insolvenz anzumelden und einfach zu machen wäre eine Möglichkeit gewesen aber du kennst mich und weiß wie sehr ich an meinem Lebenswerk hänge. Ich habe mein Leben lang geschuftet, um das Geschäft aufzubauen und es hat meine Familie immer gut versorgt. Ich habe meiner Frau und den Kindern bis zuletzt nichts gesagt, um sie nicht zu belasten. Ja, vielleicht wäre Reden gut gewesen aber wem hätte es genutzt? Die Situation hätte sich nicht verändert. Das Ding wäre so oder so den Bach heruntergegangen. Wir zahlen horrende Steuern, arbeiten hart und erwirtschaften Wohlstand und die Politik lügt, betrügt und ernährt sich auf unsere Kosten. Der Staat hat uns ausgenutzt, im Stich gelassen und die Banken haben mich wie Dreck behandelt. Entschuldigung, ich will meine Wut nicht an euch auslassen, ihr habt euch im Laufe der Jahre genug von mir angehört. Danke für das Zuhören und für die Hilfe. Ich will euch nicht zutexten, nur noch eine Bitte. Hilf meiner Frau und den Kindern alles abzuwickeln, damit ich wenigstens sicher sein kann, das sie alles was kommt gut überstehen. Ihr braucht kein schlechtes Gewissen zu haben was ich jetzt tue ist und bleibt meine alleinige Entscheidung. Bitte setze diesen Brief online.  Danke für alles. Ich gehe in eine Welt ohne Lügen und die Abhängigkeit vom Geld. Gruß M.

M. wurde erhängt in einer Ferienwohnung nach der österreichisch-kroatischen Grenze aufgefunden. Ein Covid-19-Pandemie-Opfer über das keiner spricht und das nicht an dem Virus, sondern vielmehr an den Folgen politisch verheerender Entscheidungen verstorben ist. Wir haben die Worte so wiedergegeben wie sie im Brief standen. Zwei Schimpfworte in einem Satz wurden ausgelassen.  Ein beeindruckender Mann und ein guter Freund.
In stillen Gedenken ManagerSOS