Die Dächer der Skyline Frankfurt leuchten am Abendhimmel. Auf der Dachterrasse einer großen Bank sitzt Bernd, 185 cm groß, Anzug und gepflegte Erscheinung, eigentlich ein Bänker und Manager, wie man ihn aus dem Bilderbuch kennt. „Ein Kaffee und eine Zigarette und ein bisschen Zeit zum Nachdenken, früher wusste ich nicht wie wichtig das für mich ist“. Nachdenkliche Worte und ein traurig versteinerter Blick lassen erahnen, dass die Fassade der erfolgreichen Führungskraft erheblich an Substanz verloren hat.
Bernds Werdegang war eine buchstäbliche Bilderbuchkarriere. Nach einem 1er Abitur und einer Bankenlehre, sowie einem erfolgreichen Studium standen dem heute vierzigjährigen alle Türen offen. Verheiratet, zwei Kinder und ein ansehnliches Haus vor den Toren Frankfurts spiegelten eine scheinbare Glitzerwelt aus beruflichem Erfolg und Reichtum wider. Der Porschefahrer und leidenschaftliche LaCrosse-Spieler war gewohnt, seinen Erfolg zu zeigen. Berufliche Zwischenstationen in den USA und Asien, bis zur Führungsebene einer großen Frankfurter Bank malten nach außen das Bild, in der Welt der Schönen und Reichen angekommen zu sein. Es war perfekt, eigentlich zu perfekt. Bernd und die Familie ahnten nichts von Erpressungen und Intrigen, die sich im Dunstkreis der Bankenelite auf seinem Rücken abspielen sollte.
Alles begann im Januar 2020 mit einem dringenden Anruf aus der Geschäftsleitung. Bernd wurde mitgeteilt, sich sofort bei seinem Vorgesetzten zu einem vertraulichen Vieraugengespräch in der Bank einzufinden. Selbstverständlich kam der zuverlässige Spitzenmanager dieser Aufforderung nach und begab sich sofort in die Firma. Angekommen stellt Bernd fest, dass sein firmeneigener Parkplatz, wie vom Sicherheitsdienst mitgeteilt, gestrichen wurde. Die Reaktionen der Kollegen und der eigenen Sekretärin waren ausweichend. Missbilligende Blicke und systematisches Anstarren, Gaffer, Umgangsformen, wie Bernd sie vorher noch nie erlebt hatte. Im Büro musste Bernd feststellen, dass sein firmeneigener Schreibtisch samt Inhalt und dazugehörigem Laptop entfernt wurde. Nachfragen wurden nicht beantwortet. Es kam noch schlimmer.
Im Büro des Vorgesetzten erfuhr Bernd das wahre Ausmaß der Katastrophe. Angeblicher Drogenbesitz und Weitergabe während einer Bänker-Party, gefälschte Risikobilanzen, Weitergabe von Betriebsinterna an Dritte und eine angeblich stattgefundener Seitensprung seien der Grund für derartige Maßnahmen gewesen. Bis auf die Risikobilanzen sollen alle Vorgänge sich auf eine Mitte Mai stattgefundene Afterworkparty mit anschließendem Besuch des Bahnhofviertels Frankfurt bezogen haben. Zu diesem Tatvorwurf lagen tatsächlich neun unterschriebene eidesstattliche Versicherungen der Kollegen vor. Bernd erinnert sich: „Tatsächlich fand an diesem besagten Tag eine Afterworkparty statt, die für mich in einem unerklärlichen Kontrollverlust und Totalausfall, gepaart mit Erinnerungslücken endete. Ich war betrunken und bin mit dem Taxi nach Hause gefahren. Die angebliche falsche Bilanz entsprach einer verworfenen Falschberechnung, die eigentlich aufgrund von Fehlern im Schredder landen sollte.“
Aus diesem Fehlverhalten heraus sollte der Risikomanager dem Vorgesetzten eine fristlose Kündigung unter Einbehaltung der Bezüge unterzeichnen. Auf Anzeigeerstattung würde aus Diskretionsgründen und um Rufschäden zu vermeiden verzichtet. Somit würde auch Bernds Familie von diesen Vorgängen nichts erfahren. Im Falle der Nichteinhaltung der Schweigepflicht wurde vom Vorgesetzten die Informationsweitergabe an die Behörden und auch an die Familie des Bänkers offen angedroht. Das Nichtwissen um die tatsächlichen Vorfälle nach dem Blackout und die damit verbundenen Folgen für das Familienleben veranlassten den sonst so erfahrenen Manager auf die Kündigungsvereinbarung des Vorgesetzten einzugehen. Bernd: „Warum ich nicht zu Polizei gegangen bin, ist mir heute noch schleierhaft. Die Angst meine Familie zu verlieren hat mich wohl von diesem Schritt abgehalten. In den Folgewochen habe ich meiner Familie gegenüber ein Doppelleben geführt. Statt Morgens in die Arbeit zu fahren, bin ich aus Scham und Verzweiflung tagsüber in die Frankfurter Innenstadt gefahren und erst zum Feierabend wieder zu Hause erschienen. Meine Frau und meine Kinder ahnten nichts davon. Glück nur, dass ich nicht in der Arbeit angerufen wurde. Die ständige Angst aufzufliegen saß mir im Nacken, zumal ich für die Zeit meines Party-Ausfalles tatsächlich keine Erklärung hatte. Sicherlich, Drogen und Fremdgehen waren für mich nie ein Thema, jedoch konnte ich auch das Gegenteil der Behauptungen meiner Kollegen nicht beweisen. Wenn meine Familie Zweifel gehabt hätte, wäre auch noch möglicherweise meine Ehe kaputtgegangen. Dieses Intrigen-Szenario hat mir erst bewusst gemacht, wie einfach man Opfer werden kann und wie schlecht man sich als Betroffener gegen Erpressungen und Bedrohungen wehren kann.“
Die Täter verraten sich selbst
Durch einen glücklichen Umstand ist der Bankmanager durch ein Magazin auf eine Reportage auf die Sicherheitsberater der ManagerSOS aufmerksam geworden, derren Hilfe er in Anspruch genommen hat. Die Ermittler haben sich über mehrere Wochen in das Umfeld der ehemaligen Kollegen eingeschleust und kamen zu einem erstaunlichen Ergebnis. Der Vorgesetzte hatte die Planstelle von Bernd mit einem Schulfreund besetzt. Die angeblichen Verfehlungen der Afterworkparty waren alle erfunden und der Absturz mittels K.-O.-Tropfen durch Kollegen eingeleitet. Drogenmissbrauch und Ehebetrug haben nie stattgefunden. Die Falschberechnungen der Bilanzen wurde auf Order des Vorgesetzten nicht geschreddert, sondern als Fälschungsversuch des ehemaligen Bänkers verkauft. Kurios dabei ist die Tatsache, wie die Wahrheit ans Tageslicht kam.
Die Akteure der Intrige konnten sich aus einer Bierlaune heraus die Prahlerei über den gelungenen Coup nicht verkneifen. Die Ermittler konnten die überführenden Gespräche dokumentieren und aufzeichnen. Was der Alkohol ebenso anrichtet.

 

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